An der CGFP führt kein Weg vorbei

 

Anlässlich ihrer großangelegten Protestveranstaltung am 27. November 2017 hatte die CGFP die einzelnen Parteien dazu aufgerufen, im Vorfeld der Parlamentswahlen klarzustellen, wie sie die Zukunft des öffentlichen Dienstes zu sichern gedenken. Zwei Wochen später ging die CGFP-Führung am 11. Dezember im Rahmen der Vorständekonferenz im Festsaal des „Parc-Hôtel Alvisse“ in Dommeldingen auf die politischen Reaktionen ein.

In seiner Begrüßungsansprache hieß CGFP-Nationalpräsident Romain Wolff die Anwesenden herzlich willkommen – darunter mehrere Abgeordnete, Vertreter der Ministerien und Verwaltungen sowie die Exekutive des Kooperationspartners FGFC, der Gewerkschaft des Gemeindepersonals. Auf nationaler Ebene blicke man auf ein turbulentes Jahr zurück, hieß es einleitend. Aus Sicht der CGPP hätten zwei große Ereignisse 2017 geprägt, nämlich die 50-Jahr-Feier sowie die große und erfolgreiche Protestveranstaltung am 27. November. Die Kundgebung sei erneut der Beleg dafür gewesen, dass die CGFP stets in der Lage sei, gerade dann die Reihen zu schließen, wenn es darauf ankomme, so Wolff, der sich bei den Mitgliedern für die rege Teilnahme bedankte.

Auf europäischer Ebene zeigte sich der Redner darüber erfreut, dass die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem jüngsten EU-Sozialgipfel in Göteborg die „Säule sozialer Rechte“ proklamiert haben. Zugleich bedauert er, dass bei einer derart wichtigen Initiative einige Sozialpartner wie z.B. die Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI) mit ihren mehr als 5 Millionen Mitgliedern außen vor gelassen wurden.

In der Vergangenheit habe die EU die sozialen Themen stark vernachlässigt. Um eine gerechte Wirtschafts- und Währungsunion sicherzustellen, müssten die sozialen Kriterien verstärkt in den Vordergrund rücken. Damit ein gerechteres Europa Wirklichkeit werde, sollten die Politiker mehr auf die Bürger zugehen, statt sich dem Druck zahlreicher Lobbyisten aus der Wirtschaftsbranche zu beugen. Die Verlängerung der Zulassung des höchst umstrittenen Herbizids Glyphosat um fünf weitere Jahre bezeichnete der CGFP-Nationalpräsident als einen handfesten Skandal: „So stellen wir uns das künftige Europa nicht vor!“  Auch überflüssige Entscheidungen wie z.B. die EU-Verordnung für den Bräunungsgrad von Pommes frites würden dem Image der Europäischen Union nur schaden.

In der Regel gehöre es nicht zu den Gepflogenheiten der CGFP, politische Stellungnahmen aus den Medien zu kommentieren, doch dieses Mal käme man aus Aktualitätsgründen nicht ganz daran vorbei, stellte Romain Wolff klar. Dabei wiederholte er die CGFP-Forderung, dass die Reform im öffentlichen Dienst teilweise nachgebessert werden müsse. Die 80/80/90-Regelung, die Kürzungen bei den Entschädigungen der Praktikanten nach sich zieht, diene dazu, billige Arbeitsplätze zu schaffen, getreu dem Motto „100% arbeiten und 80% verdienen“. Die grundlegende Reform des „Stage“, die vor zwei Jahren eine Grundvoraussetzung für die Zustimmung der CGFP war, sei eine Fehlanzeige geblieben.

Unbesetzte Stellen beim Staat

Anhand von konkreten Zahlen legte der Redner dar, dass die Sparmaßnahmen beim Staat noch immer nicht abgeschlossen seien. Im Haushaltsentwurf 2018 seien zusätzliche Ausgaben in Höhe von 77,9 Millionen Euro für neue Stellen beim Staat vorgesehen. Gleichzeitig seien durch die zeitweilige Nichtbesetzung von staatlichen Arbeitsplätzen Minderausgaben in Höhe von 51,5 Millionen Euro vorgesehen. Dies sei der Beleg dafür, dass zahlreiche Stellen beim Staat nicht ersetzt würden.

Hart ins Gericht ging der CGFP-Nationalpräsident mit manchen öffentlichen Einrichtungen, die sich noch immer weigern würden, die Reform systematisch umzusetzen, alles unter dem Deckmäntelchen einer sogenannten Autonomie. Ausgerechnet in jenen „Etablissements publics“, die ausschließlich über ein öffentlich-rechtliches Statut verfügen, seien die Probleme am gravierendsten. Wolff warf die Frage auf, warum die Politik hier kein Machtwort spreche: „Hat die Politik abgedankt?“ Die Regierung dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Die zwischen der CGFP und der Regierung ausgehandelten Maßnahmen müssten für alle Beschäftigten der öffentlichen Einrichtungen gelten, pflichtete CGFP-Generalsekretär Steve Heiliger ihm bei. Ein Fernsehaufritt des Beamtenministers Dan Kersch vor zwei Wochen deute darauf hin, dass die Regierung ähnlicher Ansicht sei.

Bei der Steuerreform, die zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist, handele es sich keineswegs um eine tiefgreifende Reform, sondern lediglich um punktuelle Änderungen von bestehenden Gesetzestexten, fuhr Wolff fort. Noch immer sei die Anpassung der Steuertabelle an die Inflation nicht vollzogen worden. Der Mittelstandsbuckel werde nicht ausreichend abgefedert. Im Übrigen werde das Kapital im Vergleich zur Arbeit nicht genug besteuert.

Handlungsbedarf gebe es in Bezug auf die Steuerklasse 1A, so Wolff: „Es ist ein Anachronismus, dass u.a. Alleinerziehende in diese Steuerklasse eingestuft werden und somit mehr Steuern zahlen müssen, als wenn sie verheiratet wären.“ Ferner wies er darauf hin, dass manche steuerlichen Regelungen mittels eines Rundschreibens eingeführt wurden. Ein derartiges Vorgehen stehe nicht im Einklang mit der Verfassung.

Ein Garant des sozialen Friedens

Am Ende seiner Rede richtete CGFP-Nationalpräsident Romain Wolff den Blick nach vorne. Als ideologisch neutrale und parteipolitisch unabhängige Berufsorganisation sei die CGFP für die Zukunft optimal aufgestellt. An die Politik ging der Aufruf, sich für einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst einzusetzen. Die öffentliche Hand dürfe nicht als reiner Kostenfaktor betrachtet werden. Der öffentliche Dienst in Luxemburg sei einer der billigsten und effizientesten überhaupt. Die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen sei ein wesentlicher Garant des sozialen Friedens. Zum Schluss äußerte er den Wunsch, die Menschen aus der Privatwirtschaft künftig nicht mehr gegen jene aus dem Staatsdienst aufzuhetzen.

Anschließend ergriff Generalsekretär Steve Heiliger das Wort. Gleich zu Beginn seiner Rede bedankte er sich für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und wies dabei auch auf die hervorragende Zusammenarbeit im Exekutivbüro hin. Rückblickend auf das Jahr 2017 sei Luxemburg vom Schlimmsten verschont geblieben, so Heiliger. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs würden die Arbeitslosigkeit sowie die horrenden Immobilienpreise nach wie vor ein großes Problem in Luxemburg darstellen. Nahezu alle Parteien seien beim kommunalem Wahlkampf für bezahlbaren Wohnraum eingetreten. Absichtserklärungen würden allerdings nicht ausreichen, hieß es weiter. Die Politik müsse sich endlich dieser Herausforderung stellen.

In Bezug auf den öffentlichen Dienst ging der Redner auf das Gehälterabkommen ein, auf das sich die CGFP und die Regierung im Dezember vergangenen Jahres geeinigt hatten. Einige Bestimmungen, wie etwa die einmalige Jahresprämie und die vorteilhaften Bedingungen des M-Passes, seien relativ zügig umgesetzt worden. Einige Bestandteile des Besoldungsabkommens, wie z.B. die Punktwerterhöhung zum 1. Januar 2018 und die Anhebung der Essenszulage (rückwirkend auf den 1. Januar 2017), befänden sich hingegen noch immer auf dem Instanzenweg. Jetzt, wo das Gutachten des Staatsrats vorliege, dürfe der Abstimmung im Abgeordnetenhaus eigentlich nichts mehr im Weg stehen.

Die Zeit drängt

Teile der Politik seien der Ansicht, dass die sektoriellen Anliegen über ein Gehälterabkommen geregelt werden sollen. Die CGFP habe immer wieder aufs Neue versucht zu erklären, dass dem nicht so sei, und dass sektorielle Begehren eine Angelegenheit der jeweiligen Fachverbände bleiben müssten. Inzwischen habe man den Eindruck, dass diese Botschaft allmählich verstanden worden sei, fuhr Steve Heiliger fort. Zugleich sicherte er den mehr als 60 Fachverbänden die Unterstützung der CGFP zu, damit deren Forderungen Rechnung getragen werde: „Die CGFP ist für euch alle da!“ Gerade in sektoriellen Belangen müsste den CGFP-Mitgliedsorganisationen wieder die Bedeutung beigemessen werden, die ihnen zustehe.

Die Umsetzung der Reform im öffentlichen Dienst ist in vielen Bereichen mangelhaft. Am 27. November 2017 hatte sich die CGFP diesbezüglich mit einem Forderungskatalog an die Politik gerichtet. Sämtliche Parteien waren dazu aufgerufen worden, im besten Falle binnen zwei Wochen dazu Stellung zu beziehen. Die Aussage mancher Politiker, dass der Zeitraum zu knapp sei, um darauf reagieren zu können, ließ CGFP-Generalsekretär Steve Heiliger nicht gelten, da die Themen seit Längerem bekannt seien.

Lediglich Déi Lénk habe es für nötig empfunden, schriftlich auf die Forderungen der CGFP zu reagieren. In zwei Punkten sei man sich scheinbar auch einig: Genau wie die CGFP lehne auch Déi Lénk die 80/80/90-Regelung ab, die darauf abziele, zu Lasten der Berufsanfänger zu sparen. Auch beim Bewertungssystem, das Déi Lénk als „absurd“ bezeichnen, liege man mehr oder weniger auf einer Linie. Nur in Bezug auf eine zusätzliche Öffnung des öffentlichen Dienstes für Nicht-Luxemburger gebe es noch Meinungsverschiedenheiten, so Heiliger schmunzelnd: „Da müssen wir noch ein wenig daran arbeiten!“

Anschließend knüpfte sich der Orator jene Politiker vor, die in den vergangenen Tagen in den Medien Stellung zu den CGFP-Forderungen bezogen hatten, ohne sie allerdings namentlich zu erwähnen. Es sei schon verwunderlich, dass ausgerechnet eine Partei, die bereits in der vorigen Legislaturperiode Regierungsverantwortung trug, heute nicht mehr verstehe, warum die CGFP damals „den Deal mit der 80/80/90-Regelung“ akzeptiert habe, stellte Heiliger trocken fest. Man habe damals dem Kompromiss, der an eine grundlegende Reform des Praktikums gekoppelt war, lediglich zugestimmt, um den Schaden zu begrenzen. Die Alternative wäre ein Sozialkonflikt im öffentlichen Dienst gewesen, der wirklich niemandem genutzt hätte. Als verantwortungsvoller und verlässlicher Partner habe die CGFP es nicht darauf ankommen lassen wollen. Dies bedeute jedoch nicht, dass man ewig an der alten Regelung festhalten müsse, zumal die Gegenleistung nicht in dem Maße erfüllt worden sei, wie vereinbart.

Erst kürzlich hatte der Vertreter einer Regierungspartei vor laufender Kamera behauptet, dass seine Partei die Kürzung der Entschädigungen während der ersten drei Jahre nicht in Frage stellen werde, da die Praktikanten aufgrund ihrer Ausbildung nicht voll einsatzfähig seien. „Dazu kann ich nur sagen: Der betreffende Politiker hat rein gar nichts verstanden“, ärgerte sich Heiliger. Zudem habe man mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass nun eine weitere Partei intern über die CGFP-Forderungen diskutieren wolle. „Es wird allmählich Zeit“, erzürnte sich Heiliger.

Die Gewinnmaximierung darf nicht oberstes Ziel sein

Erneut bekräftige er, dass die CGFP einer weiteren Öffnung des Staatsdienstes für Nicht-Luxemburger sehr kritisch gegenüberstehe: „Luxemburg braucht diesbezüglich nicht päpstlicher als der Papst zu sein!“ Hoheitsrechtliche Aufgaben müssten auch künftig von Luxemburgern wahrgenommen werden. Auch in anderen Ländern werde dies so gehandhabt. Die Rekrutierungsprobleme beim Staat könne man auch mit einer Reform des Staatsexamens und mit dringend notwendige Anpassungen bei der Ausbildung angehen. 

Bislang seien die CGFP-Überlegungen zu diesem Thema seitens der Politik nicht allzu viel kommentiert worden. Bei der geforderten Abschaffung des Bewertungssystems im öffentlichen Dienst würde manche Politiker die Ansicht der CGFP teilen, dass ein derartiger Mechanismus im öffentlichen Dienst nichts zu suchen habe, erfreute sich Heiliger. Kein Verständnis hatte er indes für die Äußerung eines Politikers, dass sich auch die Beamten im öffentlichen Dienst ab und zu einer Bewertung unterziehen müssten, da dies in ihrem Sinne sei. Der Ursprung des Bewertungssystems liege in der rein profitorientierten Privatwirtschaft, konterte Heiliger. Der Staatsdienst verfolge unterdessen eine andere Zielsetzung: „Wir betrachten uns als einen Dienstleistungssektor, der Dienste erbringt, die von der Bevölkerung geschätzt werden“, versicherte der Redner

Abschließend betonte der CGFP-Generalsekretär mit Nachdruck, dass sich die CGFP keinen Streik herbeisehne. Dennoch schließe man eine derartige Maßnahme nicht von vorne herein aus. Soziale Unruhen - gerade im öffentlichen Dienst - würden Luxemburg nicht gut zu Gesicht stehen. Die politischen Verantwortlichen rief er dazu auf, verantwortungsvoll zu handeln, statt um jeden Preis mit dem Kopf durch die Wand gehen zu wollen. An die Regierung ging der Appell, die kommenden zehn Monate zu nutzen, um den öffentlichen Dienst weiter voranzutreiben. Abschließend zeigte sich Steve Heiliger zuversichtlich, dass es auch künftig gelingen werde, die sozialen Errungenschaften zu verteidigen: „Auch im kommenden Jahr wird kein Weg an der CGFP vorbeiführen.“

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